Vorweg gebührt Lukas' Mutti ein herzliches Danke für den genialen Titel, der einem lieben eMail entstammt und den wir gleich als Aufhänger für unseren Mongoleipost zweckentfremdet haben. Danke!
Abgesehen von der Genialität des Wortspiels, bräuchten wir seit dem Verlassen Russlands aber auch wirklich immer wieder etwas Glück. Eigentlich hat es ja schon angefangen, als wir noch nicht mal als Russland draußen waren:
Lukas' russische Akte
Die Ausreise aus Russland haben uns die RussInnen nämlich richtig schwer gemacht. Also schwer mehr im Sinne von lang und lang mehr im Sinne von mühsam. Ihr könnt euch wahrscheinlich schon ungefähr vorstellen was gemeint ist. Bis wir es überhaupt mal bis zur russischen Grenzkontrolle geschafft haben, sind wir bereits fünf Stunden vor einem Gitterzaun gestanden nur um dann bei der eigentlichen Kontrolle durch die BeamtInnen rausgefischt und einer Sonderbehandlung zugeführt zu werden. Der Grund dafür: eine Packung Tramaldolor in unserem großartigen Medizinsatz, dem wir Ossi verdanken.
Dieses Tramaldolor ist ein in Russland rezeptpflichtiges Medikament, dessen Einfuhr ohne ärztliches Attest illegal ist. Da wir das weder gewusst, noch geahnt haben und sich auch bei der Einreise niemand dran gestoßen hat, war besagtes Tramaldolor nun in unserem Medikamentenpaket, wo es von einem eifrigen Beamten mit viel zu großer Tellerkappe rausgefischt wurde. Der gute Mann hat damit eine bürokratische Kette losgetreten, die seinesgleichen sucht.
Nachdem klar war, dass wir illegale Medikamente mitführen, wurden wir mitsamt Auto hinter ein Verwaltungsgebäude geführt, wo wir vorm und hinterm Auto, beim Öffnen der Medikamentenkiste, mit Tramaldolor und beim nachgestellten Auspacken desselben zu Dokumentationszwecken fotografiert wurden. Lukas wurde etwas später dann ins Verwaltungsgebäude geholt wo es dann erst richtig lustig wurde.
In einer Kanzlei mit einem dicken FSB-Ordner (und einem Bund mit einem überdimensionierten Schlüssel auf dem groß BORDER eingraviert war; nebenbei bemerkt) am Tisch wurde er von einem schneidigen Kapitan der Armee auf Russisch über seine Rechte und die Verfassung der Russischen Föderation aufgeklärt. Danach: ca. zwei Stunden Befragungen, Unterschriften, Erklärungen an dessen Ende ein dicker Bericht erstellt wurde. Um die ganze Erfahrung abzurunden, schaute die ganze Zeit über ein skeptischer Wladimir Putin vor weichgezeichneter russischer Flagge aus einem Bild auf Lukas herab. Allesamt war das Ganze eine sehr verstörende aber auch bereichernde Erfahrung für uns. Wer kann schon sagen, dass er eine russische Akte hat und einen klitzekleinen Einblick hinter die Fassaden bekommen hat.
Endlich in der Mongolei!
Erleichtert sind wir dann nach insgesamt zehn Stunden an der Grenze über knapp zehn Kilometer Niemandsland endlich in die Mongolei eingefahren! Die Landschaft hat sich beim Ausfahren aus Russland wieder drastisch verändert und legt mittlerweile die Vermutung sehr nahe, dass die RussInnen ihre Grenzen nach dem Zerfall der Sowjetunion entlang von Nadelwäldern gezogen haben. In der Mongolei war dann nämlich aus damit. Mit endlosen (wirklich endlosen) weiten und mit Masse unberührten Landschaften, die meistens von einem Steppengrün überzogen sind, meistens sehr niedrigen Temperaturen und Frost, viel Wind und extrem dünner Besiedlung ist es wohl eines der rausten Länder der Welt. Mit knapp drei Millionen EinwohnerInnen auf 1,5 Mio. km² ist die Mongolei (nach Grönland) der am dünnsten bevölkerte Staat der Welt. Fast die Hälfte der EinwohnerInnen lebt in der Hauptstadt Ulan Bator. Im Schnitt gibt es an 260 Tagen blauen Himmel und Sonnenschein pur. ...und genau in dieses Land sind wir nun eingefahren und dabei gleich mal von kaltem Wind und einem Landregen begrüßt worden... es war wohl schon Tag 261 am Sonnenscheinkalender.
Um diesen Witterungsverhältnissen zu entkommen haben wir uns entschlossen uns nach Ölgii ins beste Hotel der Stadt (das Doppelzimmer um 17€) zu retten. Das Hotel war zwar ziemlich wild, aber immerhin trocken und halbwegs warm (halbwegs, weil eines von den zwei mit Klebeband zugeklebten Fenstern dann doch nicht ganz zu war). Da im Westen der Mongolei - wie in der Altai-Region in Russland - die kasachische Minderheit sehr stark ist, sind auch die Städte und Dörfer kasachisch geprägt. Dieser Umstand hat uns dann zu einem kulinarischen Glücksgriff verholfen; gespeist haben wir nämlich im türkischen Restaurant Pammukale in Ölgii und zur Abwechslung gab es mal kein gekochtes, sondern gebratenes Fleisch - man würde es nicht glauben, aber das ist auf unserer Reise ein echter Luxus!
Am nächsten Tag sind wir dann Richtung Ulan Bator, das von Ölgii noch mehr als 1.600 km entfernt ist, aufgebrochen. Die ersten ca. zweihundert Kilometer haben uns dabei in Staunen versetzt, dürften wir nicht tatsächlich auf einer brandneuen Straße dahinsausen. Diese, offenbar von chinesischen Firmen gebaute Straße, war dann aber bald zu Ende und ging in herausfordernde Schlamm-Staub-Pisten über, die Cookie wieder mal gehörig durchgeschüttelt haben.Über die nächsten zwei Tage haben wir uns dann auf der Südroute immer weiter nach Ulan Bator entlang gehantelt. Nachdem wir noch einmal kurz exzellente chinesische Straßen befahren dürften, lautete die Devise dann aber Off-road und falls überhaupt befestigte Straßen, dann nur in katastrophal schlechtem Zustand. Uns hat es dermaßen durchgerüttelt, dass es uns die Kisten im Kofferraum sprichwörtlich zerbröselt hat, so viel sind wir durch die Lüfte gesprungen.
Die mongolische Offroaderfahrung sucht übrigens seinesgleichen: Pisten in der Mongolei bestehen aus oft bis zu 20 ineinander verschlungenen Fahrrinnen, die eine Ausdehnung von 100 m bis zu mehreren Kilometern haben. Fährt man darauf, muss man immer nur darauf achten, dass die Himmelsrichtung halbwegs passt. Wenn man merkt, dass man sich in die falsche Richtung zu bewegen beginnt, korrigiert man einfach, indem einfach für ein paar Kilometer querfeldein gefahren wird und die Position wieder halbwegs passt. Jeder so hinter sich gebrachte Kilometer ist ein Gewinn, nämlich einerseits, weil man ihn hinter sich hat und andererseits, weil man dabei durch eine der schönsten Landschaften der Erde brausen darf. Hin und wieder wird dieses Zen-hafte Fahrerlebnis aber durch Furten, Bäche und regelrechte Flüsse unterbrochen, die es zu überqueren gilt. Schafft man das nicht alleine, besorgt man sich am besten einen Traktor, der einen durch die tiefsten und reißendsten Stellen durchzieht. Einmal haben wir auch einen Traktor in Anspruch nehmen müssen, um zwei Flussläufe zu überqueren.
Obwohl man in diesem dünn besiedelten Land streckenweise doch einige Jurten sieht, gibt es ausgedehnte Streckenabschnitte, in denen man über Dutzende Kilometer keine erblickt. Selbst eine größere Dichte an Jurten in der Mongolei bedeutet meist, dass man nicht mehr als eine Jurte alle paar Kilometer sieht. Wie dem auch sei, wir haben diese Einsamkeit genossen und so ein paar mal herrliche Campingspots erwischt für den sich maximal ein paar Tiere in der Nacht interessiert haben. Ansonsten haben wir beim Campen immer eine grandiose Aussicht auf leere Becken, Täler und Berge gehabt.
Das immerwährende Tanktropfen
In diese Idylle hat sich dann auf halben Weg nach Ulan Bator leider wieder einmal stechender Benzingeruch hineingeschwindelt. Wie wir recht schnell festgestellt haben, ist durch die wilden Fahrbahnzustände ein kleiner Haarriss auf der Unterseite unseres Benzintanks entstanden, der wohl ein Überbleibsel der Verbiegung vor der Reparatur in Kasachstan sein dürfte.
Insgesamt bräuchte es in zwei Anläufen drei Werkstätten, um das Tropfen in den Griff zu bekommen. Allerdings nicht etwa weil ein undichter Tank ein massives Problem wäre, sondern weil - und das muss man leider sagen - die Mechaniker und Werkstätten mit denen wir zu tun hatten, größtenteils schlichtweg unfähig waren. Beim letzten Reparaturstopp haben wir selbst mehr gearbeitet, als die Werkstattbelegschaft. In Wirklichkeit haben wir von den Werkstätten am Ende immer nur die Hebebühne gebraucht, damit wir zum Tank dazukommen. Wenn man den Tank fünfmal abgebaut gesehen hat ist's keine Kunst mehr selbst Hand anzulegen.
Wie auch immer, wir haben den Tank letzten Endes - mittlerweile zum vierten Mal - dicht bekommen und konnten unsere Fahrt nach Ulan Bator benzingestankfrei fortsetzen.
Eindrücke unserer Begegnungen
Als wir so das Land durchquert haben, ist uns aufgefallen, dass Mongolen ein relativ unzugängliches Volk sind. Viele haben eine irgendwie seltsame Art, bei der man nicht recht weiß, woran man denn jetzt eigentlich ist. Vor Freundlichkeit sprudeln MongolInnen selten über. Dabei spürt man keine Unfreundlichkeit, eher überwiegt Skepsis. Zumindest war das unsere Erfahrung. Vermutlich aber ändert sich der Eindruck, wenn man länger im Land ist und man die Menschen besser kennenlernt.
Kommentar schreiben
Papa (Mittwoch, 06 September 2017 12:24)
einfach fantastische Berichte
Kinga (Mittwoch, 06 September 2017 13:53)
Sehr cool das Video mit dem Traktor �