Ihr werdet es kaum glauben, aber wir sind mittlerweile Mitten im asiatischen Teil der Türkei unterwegs und Europa liegt schon recht weit hinter uns. Mit zwei recht anstrengenden und fordernden Fahrtagen haben wir es am Freitagabendabend bis knapp hinter Istanbul - in ein grausliches, von Autobbahnen und Fabriken durchzogenes Industriegebeit - geschafft. Deshalb haben wir in den letzten Tagen auch nur recht wenig Zeit gehabt zu schreiben. Die Devise war viel mehr: Kilometer machen - und das haben wir auch gut hinbekommen.
Ungarn
Nachdem unsere Werkstätte Past & Bernhard Cookie am Mittwoch wieder zusammengesetzt hat (die in Wien ausgewechselten Teile fahren nun am Dach mit), haben wir uns entschlossen noch am selben Tag zumindest bis Budapest zu fahren, wo wir dann um 23.30 angekommen sind. Donnerstag konnten wir deshalb schon sehr früh starten, um dann aber schon um neun Uhr früh in einen 4,5 Stunden langen Stau bei der Ausreise aus Ungarn zu stehen. Es ist wirklich sehr merkwürdig, aber die Ungarn haben anscheineind nichts besseres zu tun, als bei der Ausreise so gründlich zu kontrollieren, dass sie im Nu einen unsinnigen Ausreisestau produzieren. Die Einreise nach Serbien dauerte dafür dann aber nur 10 min. Beim besten Willen ist uns nicht ganz klar, warum die Ungarn so daran interessiert sind, wer ihr Land verlässt (??).
Serbien
Nach der ersten Stärkung des Tages - einem erfrühten Abendessen (Cevapi und Kupus Salata!) in Novi Sad gings dann inmitten der gesamten Balkan- und Tükei-Sommmerreisendendiaspora immer weiter Richtung Süden. Es ist wirklich erstaunlich, aber es scheint, dass man sich ab Serbien nur mehr unter Mödlinger, Wiener, Tiroler und bunt gemischten deutschen Autos bewegt, die alle ihren Sommeraurlaub in der südlichen Heimat verbringen. Zuweilen sieht man mehr österreichische Kennzeichen, als im Sommerstau auf der Tangente zwischen Favoriten und Hirschstätten.
Bulgarien
Sehr spät (es war schon 01.30 Freitag in der Nacht) haben wir dann todmüde Sofia erreicht, wo wir durch eine Bekannte von uns eine superfeine, zentral gelegene, leerstehende Wohnung zum
Ausschlafen benutzen durften. (Danke Mila - das war echt super!) Sofia selbst ist eine interessant Stadt. Ja, jeder der Sofia kennt, wird jetzt behaupten, dass sie langweilig sei. Das ist zwar
nur schwer zu bestreiten, aber genau das macht irgendwie ihren Reiz aus. Es gibt eigentlich keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten, aber dafür scheint das Stadtbild irgendwo in den 1960ern
stecken geblieben zu sein, was durchaus ansprechend wirkt. In einem Wohnbau in Sofia fühlt man sich gleich mal wie ein Dissident, der in einer falschen Zeit gefangen ist. Anachronistisch
schreitet man dann auch durch die mit Bäumen begrünten verfallenen Innenstadtgassen. Irgendiwe genial.
Vollfit und ausgeschlafen sind wir dann Freitag gegen Mittag auch Ruck-Zuck an der türkischen Grenze gewesen nachdem wir Sofia verlassen haben. Durch Bulgarien zu cruisen hat uns dabei sehr
beeindruckt: Es ist ein extrem grünes und gleichzeitig riesiges Land, dass zudem unglaublich dünn besiedelt ist. Landschaftlich ist es dazu noch ziemlich ansprechend, weil man in den ausgedehnte
Becken sehr weit ins Land hineinschauen kann. Die Sonnenblumenfelder Frankreichs verblassen gegen jene in Bulgarien auch; die Ausmaße sind einfach gigantisch. Sonnenblumen soweit das Auge reicht.
Leider haben wir davon kein Foto gemacht, um es euch zeigen zu können. Aber stellt euch einfach die gesamte Strecke zwischen Wien und Schwechat als ein Sonnenblumenfald vor, das kommt ungefähr
hin.
Türkei
Die türkische Grenze war dann auch relativ schnell erledigt. Abgesehen von den Ungarn macht sich bis jetzt (!!) anscheinend niemand wirklich was aus Grenzkontrollen. Wunderbar wie sich
Tagespolitik in Grenzmanagement zu übersetzen scheint. Wie dem auch sei, traurig zu beobachten war an sehr vielen Grenzen - insbesondere der türkischen -, dass sehr viele Kinder den im Stau
stehenden Personen Sachen verkaufen wollen und betteln. Es ist erschreckend zu sehen, wie manche Kinder ihre Kindheit damit verbringen, betteln zu müssen - und das bei 35 Grad Celsius im
Schatten, inmitten einer Blechlawine und Abgasen.
Wir waren dann Freitag recht zügig in den Vororten Istanbuls und mit gutem Gewissen können wir nun sagen, dass wir froh sind den Abendverkehr auf der Autobahn durch und um Istanbul hinter uns
gelassen zu haben. Der Stau selbst, in dem wir ca. zwei Stunden verbracht haben war dabei noch das kleinere Übel. Richtig arg war der Verkehr. Man muss wirklich jeden gesunden Verstand über Bord
werfen, um darin nicht verückt zu werden: Niemand blinkt; die Lichthupe wird extensiv verwendet, um nachezu alles zu signalisieren; hinten, vorne, links und rechts wird man geschnitten; fast
jeder kreuzt im Stau wahllos die Spuren; manchmal kommen einem sogar Fahrzeuge entgegen; auch am Pannenstreifen wird man überholt (und das gleich mit wahnsinnig überhöhter Geschwindigkeit). Zu
allem Überdruss muss man auch noch auf die Wasserverkäufer achten, die ihre zwar löbliche aber unglaublich gefährliche Geschäftstätigkeit zwischen den nicht existenten Spuren verrichten.
Wir waren dann letztendlich froh nach Routenplanung für den nächsten Tag und einem kleinen Efes um zwei Uhr früh in ein gutes Hotelbett zu fallen. (Wir waren so müde, dass wir dann am Samstag
auch gleich mal eine Stunde verschlafen haben.)
Gestern gings dann richtig ins türkische Hinterland. Nur wenige Kilometer hinter dem Nadelöhr Istanbul nahm dann auch der Verkehr ab und es wurde alles sehr provinziell und ländlich. Wilde Schnellstraßentrassen haben uns dann über die Gebirgszüge an der Schwarzmeerküste in deren größte Stadt - Samsun - gebracht.
In der Nacht haben wir auf einem Picknickrastplatz abseits der Straße im Gebirge wild gecampt. War eigentlich sehr nett, bis auf die freilaufenden Hunde, die in der Nacht unser Zelt besichtigt und beschnüffelt haben. Übrigens hat Cookie gestern ihre ersten Offroadfahrten mit Bravour gemeistert.
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Stephan (Sonntag, 30 Juli 2017 03:38)
Super das es jetzt so flott weitergeht. Beobachte euch die ganze Zeit im Live-Track. Coole Fotos - echt beneidenswert!
Gutes Vorankommen weiterhin!
Grüße,
Stephan
Stephan PAPA (Sonntag, 30 Juli 2017 10:26)
beeindruckende Bilder und berichte sehr faszinierend